The source for Picander's libretto for the Saint Matthew
Passion:
Heinrich Müller's Passion Sermons (and addendum: Herberger's
Horoscopia)
Below texts from Picander (St. Matthew
Passion) juxtaposed with excerpts from common 17-18th century devotional Bible
exegesis (i.c. Heinrich Müller). For some extra information and background (it's
all about hermeneutics, really), see the
annotated selection of Picander's texts.
Source: Elke Axmacher, "Aus Liebe will mein
Heyland sterben" Untersuchungen zum Wandel des Passionsverständnis im frühen 18.
Jahrhundt, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, 1984. Chapter 7 (p. 166-203).
NB: The idea is not that Picander litterally
followed Muller, but that "he's been around."
Müller |
Picander |
[the ideas expressed in this meditation
are quite common. Müller's text is more one example out of many,
common-places]
The main typologies:
Christ=Lamb; Christ=Bridegroom & Sion=Bride (Daughter's of Sion:
oscillate between bride and friends of the bride),
Isaac's sacrifice (Gen. 22)= typos of Christ's sacrifice"Wann
denn, liebste Hertzen, ich am heutigen Tage der Braut Christi den Tod
ihres allerliebsten Freundes ankündigen soll, möchte ich wol sagen: Ach,
wie gern wolt ich, daß ich nicht predigen könte. Eine traurige
Botschafft, der Bräutigam ist todt...
Was wird die Braut Christi am heutigen Tage anders sagen, Wann ihr
geprediget wird von dem Tode ihres Bräutigams Christi, als diß: Ach,
Meine Sünden haben ihn zerrissen," (S. 395)
"Im Alten Testament hatte Gott verordnet, daß die Sünd-Opffer ausser dem
Lager solten geschlachtet werden. Hier ist auch das Sünd-Opffer, Jesus,
der sich selbst hat auffgeopffert Gott zu einem süssen Geruch ... " (S.
397). "Hie muß Christus erfüllen das Vorbild Isaacs, Der das Holtz,
darauff er solte geschlachtet werden, selbst tragen muste, nach dem Berg
Moria. Mein Hertz, so gehet das Lamm Gottes, und träget der gantzen Welt
Sünde, kanst leicht gedencken, mit was für Schmertzen." (S. 398)
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bwv 244,1
Kommt, ihr Töchter, helft mir klagen,
Sehet - Wen? - den Bräutigam,
Seht ihn - Wie? - als wie ein Lamm,
O Lamm Gottes, unschuldig
Am Stamm des Kreuzes geschlachtet,
Sehet, - Was? - seht die Geduld,
Allzeit erfunden geduldig,
Wiewohl du warest verachtet.
Seht - Wohin? - auf unsre Schuld;
All Sünd hast du getragen,
Sonst müßten wir verzagen.
Sehet ihn aus Lieb und Huld
Holz zum Kreuze [selber]tragen,
Erbarm dich unser, o Jesu, |
Er fieng an zu trauren, zittern. Für
Trauren zitterte sein gantzer Leib, und bebete, wie das Laub auff den
Bäumen, er erschütterte gantz für dem erschrecklichen Grimm und Zorn
Gottes. Mein Hertz, stelle dir vor einen armen Missethäter, der vor
Gericht stehet. Wann das Urtheil wird gesprochen, wann der Stab wird
gebrochen, da puffet ihm das Hertz im Leibe, sein Gesicht erblasset,
Hände und Füsse sincken. Eben so stehet hie Christus vor Gottes
ZornGericht . . .
Zagen heist, wann man alles Trosts, innerlich und äusserlich, von Gott
und allen Creaturen, gäntzlich entblösset ist ...
Aber hie ist Christus warhafftig Trostloß gewesen. Dann es hatte Gott
allen seinen Zorn, alln seinen Grimm, ja alle höllische Quaal über sein
Kind ausgeschüttet, und ihn kein Tröpflein Trosts lassen empfinden. (S.
230 f.)
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bwv
244,19 O Schmerz!
Hier zittert das gequälte Herz;
Wie sinkt es hin, wie bleicht sein Angesicht!
Was ist die Ursach aller solcher Plagen?
Der Richter führt ihn vor Gericht.
Da ist kein Trost, kein Helfer nicht.
Ach! meine Sünden haben dich geschlagen;
Er leidet alle Höllenqualen,
Er soll vor fremden Raub bezahlen.
Ich, ach Herr Jesu, habe dies verschuldet
Was du erduldet.
Ach, könnte meine Liebe dir,
Mein Heil, dein Zittern und dein Zagen
Vermindern oder helfen tragen,
Wie gerne blieb ich hier!
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Unsere Sünden drücken ihn nieder, als
eine Last, daß er zur Erden sincket. Er krümmet und windet sich vor
Gott, als ein Wurm, ist willig und bereit, sich gerne zertreten zu
lassen.
Er thut vor Gott, seinem himmlischen Vater, den tieffsten Fußfall, als
der Mittler zwischen Gott und Menschen, daß er uns mit Gott möchte
aussöhnen. Hätte der Heiland diesen Niederfall nicht gethan, so hätte
uns nimmer die GnadenHand Gottes auff- und angenommen.
Es nennet der Heyland sein Leyden einen Kelch. In diesen Kelch hat ihm
Gott eingeschencket den Grimm seines Zorns, die
Bitterkeit des Todes, die Gall und Angst der Höllen.
Mein Hertz, das Creutz ist auch ein Kelch. Aber nicht hat dir Gott
darein geschenckt Gifft, sondern lauter Heyl und Artzeney; nicht den
Todt, sondern das Leben. David erkennts, wann er sagt: Ich will den
heilsamen Kelch nehmen, Ps. 116, 13 (I will lift up the cup of
salvation and call on the name of the LORD.)...
Dein Jesus hat den ersten Trunck aus dem Creutz-Kelch gethan, damit Er
von seinen Lippen liesse hinein trieffen die Honig-Tröpflein seiner
süssen Liebe, daß die Bitterkeit des CreutzKelches versüsset werde. Ein
Kelch ist dein Creutz. Ein Kelch hat ja einen Grund und Boden ... (S.
243 f.)
|
bwv
244,22-23 Der Heiland fällt vor
seinem Vater nieder;
Dadurch erhebt er mich und alle
Von unserm Falle
Hinauf zu Gottes Gnade wieder.
Er ist bereit,
Den Kelch, des Todes Bitterkeit
Zu trinken,
In welchen Sünden dieser Welt
Gegossen sind und hässlich stinken,
Weil es dem lieben Gott gefällt.
Gerne will ich mich bequemen,
Kreuz und Becher anzunehmen,
Trink ich doch dem Heiland nach.
Denn sein Mund,
Der mit Milch und Honig fließet,
Hat den Grund
Und des Leidens herbe Schmach
Durch den ersten Trunk versüßet.
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Zu dem falschen Zeugniß schweiget
Christus still . . .
Es war nunmehr die Stunde da, daß der Heyland leiden solte, darum wolte
er sich nicht loß reden aus der Feinde Hände, anzuzeigen, daß er willig
litte ...
Er schweiget still, uns zu lehren,
daß wir die Lügner keiner Antwort würdigen sollen. Lügen widerlegt sich
selbst.
Lerne von Christo, mein Hertz, Sanfftmuth und Stillschweigen im Leyden
(S. 293 f.). |
bwv 244,34
Mein Jesus schweigt
Zu falschen Lügen stille,
Um uns damit zu zeigen,
Dass sein Erbarmens voller Wille
Vor uns zum Leiden sei geneigt,
Und dass wir in dergleichen Pein
Ihm sollen ähnlich sein
Und in Verfolgung stille schweigen.
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Er leget die dreyßig Silberling darf
wirfft sie den Hohenpriestern vor die Füsse und wil sagen: Da habt ihr
euer Geld, gebt mir nun meinen Herrn wieder |
bwv
244,42 Gebt mir meinen Jesum
wieder!
Seht, das Geld, den Mörderlohn,
Wirft euch der verlorne Sohn
Zu den Füßen nieder! |
Was hat dann der fromme Jesus übels
gethan? Fragen wir Petrum, so antwortet er: Apost. Ges. 10, v. 38. Er
ist umher gezogen, und hat wolgethan. Fragest du die Blinden: Was hat
Jesus übels gethan? So werden sie antworten: Er hat alles wohl gemacht,
die Blinden macht er sehend. Fragest du die Lahmen: Was hat Jesus
übels gethan? So werden sie antworten: Er hat alles wohl gemacht, die
Lahmen macht er gehend. Doch muß er hie ein
Übelthäter heissen. Er wars ja auch vor Gottes Gericht, nicht in eigener
Person, denn er wuste von keiner, weder erb- noch würcklichen Sünden,
sondern an unser statt, denn er hatte auf sich genommen aller Menschen
Missethat.
Er ist ein Übelthäter worden an deiner statt, daß du nicht dürffest an
jenem Tage das schreckliche Donner-Wort hören: Weichet alle von mir, ihr
übelthäter ... (S. 333). |
bwv 244,48-49
Er hat uns allen wohlgetan,
Den Blinden gab er das Gesicht,
Die Lahmen macht er gehend,
Er sagt uns seines Vaters Wort,
Er trieb die Teufel fort,
Betrübte hat er aufgericht',
Er nahm die Sünder auf und an.
Sonst hat mein Jesus nichts getan.
Aus Liebe will mein Heiland sterben,
Von einer Sünde weiß er nichts.
Dass das ewige Verderben
Und die Strafe des Gerichts
Nicht auf meiner Seele bliebe.
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Fleisch und Blut will nicht gern ans
Creutz. Simon ließ sich zwingen. Ach, wie träg ist Fleisch und Blut,
wanns ans Creutz soll... Wie viel Ungeduldt laufft mit unter, wann man
das Creutz-Rüthlein küssen soll, Nicht sol mein Hertz.
Es ist ja Jesus Creutz, er legts auff, er hilffts auch tragen, und
nimmts weg, wann du es nicht mehr tragen kanst. (S. 399)
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bwv 244,56-57
Ja freilich will in uns das Fleisch und Blut
Zum Kreuz gezwungen sein;
Je mehr es unsrer Seele gut,
Je herber geht es ein.
Komm, süßes Kreuz, so will ich sagen,
Mein Jesu, gib es immer her!
Wird mir mein Leiden einst zu schwer,
So hilfst du mir es selber tragen.
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Tritt hinzu, mein Hertz, und schaue
deinen Jesum an, wie er am Creutz hanget. Seine Hände hat er
ausgespannet, als der
rechte Hohepriester, dich mit bey den Händen zu segnen. Er hat sie
ausgespannet, dich damit zu umpfahen . . .
Liebstes Hertz, gib du dich hinein in die ausgespannete Arme deines
Jesu, und sage mit Augustino:
Inter brachia Salvatoris mei & vivere & mori cupio. Aus Jesu
Händen soll und kan mich niemand reissen (S. 405 f.)
|
bwv 244,60
Sehet, Jesus hat die Hand,
Uns zu fassen, ausgespannt,
Kommt, - wohin? - in Jesus Armen
Sucht Erlösung, nehmt Erbarmen,
Suchet, - wo? - in Jesus Armen.
Lebet, sterbet, ruhet hier,
Ihr verlaßnen Küchlein ihr.
Bleibet, - wo? - in Jesus Armen. |
Am Abend, da der Tag kühle worden war,
kam die Sünde der Menschen erstlich ans Licht, am Abend nimmt sie
Christus wieder mit sich ins Grab, daß ihr nicht mehr gedacht werde. Um
die Vesper-Zeit kam das Täublein Noah zum Kasten, und siehe, ein
Oel-Blat hatte sie abgebrochen, und trugs in ihrem Munde, da vernahm
Noah, daß das Gewässer gefallen wäre auff Erden. (I. B. Mos. 8,11.)
Um dieselbe Zeit kehrt auch unser Jesus, das reine, fruchtbringende
Täublein, das uns rein macht von allen Sünden, und erfüllet mit Früchten
der Gerechtigkeit, in seinen Grab-Kasten zur Ruhe, trägt ein
Oel-Blat in seinem Munde. Sein Begräbniß versichert uns der
Barmhertzigkeit Gottes, des Friedens mit seinem Vater, und daß das
Zorn-Gewässer nunmehr gefallen sey. Mein Hertz, der Abend ist da .....
Ach, so lasse Jesum nicht, bitte ihn, daß er bey dir einkehre, und seine
Ruhe nehme in deinem Hertzen ... (S. 446 f.) |
[bwv 244,64]
Am Abend, da es kühle war,
Ward Adams Fallen offenbar;
Am Abend drücket ihn der Heiland nieder.
Am Abend kam die Taube wieder
Und trug ein Ölblatt in dem Munde.
O schöne Zeit, O Abendstunde,
Der Friedensschluss ist nun mit Gott gemacht,
Denn Jesus hat sein Kreuz vollbracht.
Sein Leichnam kömmt zur Ruh,
Ach, liebe Seele, bitte du,
Geh, lasse dir den toten Jesum schenken,
O heilsames, o köstlichs Angedenken, |
Mein Hertz, gib Jesu dein Hertz wieder, schleuß dein Hertz der Welt zu,
und Jesu auf. Welt aus, Jesus ein (S. 440).
Dann solt du auch zusehen, daß du Christum zu Grabe bringest . . . Der
Glaube bringt ihn zu Grabe in unserm eignen Hertzen, nirgends findet er
Ruhe, als da (S. 478).Du liebstes Hertz, schaue woll wo, und wie du
Jesum zur Ruhe bringest. Nirgend wil er ruhen als in einem reinen
Hertzen,
und da bewahrt seyn rur allem Unfall. Ach besihe dein Hertz wol, ehe du
Jesum hinein bringest. Ists nicht rein, so mache es rein . . . Ists rein
gemacht durch den Glauben in seinem Blut, so leg ihn hinein und laß ihn
nimmer wieder heraus kommen,
Er bleibt gern, wo man ihn gern hat (S. 492). |
bwv
244,65
Mache dich, mein Herze, rein,
Ich will Jesum selbst begraben.
Denn er soll nunmehr in mir
Für und für
Seine süße Ruhe haben.
Welt, geh aus, lass Jesum ein! |
Nun, Jesus ruhet, laß ihn ruhen. Er hat
sich in unserm Dienst müde gearbeitet, und die Ruhe wol verdienet. (S.
494) |
bwv
244,67 Nun ist der Herr zur Ruh
gebracht.
Mein Jesu, gute Nacht!
Die Müh ist aus, die unsre Sünden ihm gemacht.
Mein Jesu, gute Nacht! |
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